Die Jammertalsmühle
Selten wurde eine Mühle nach dem Bach benannt, der ihr die Energie zum Antrieb der Mühlenräder lieferte. Auch die Namensgebung nach dem Tal, in dem ein Mühlengraben lag, war nicht üblich. Zu den wenigen Ausnahmen gehörte die „Mühle im Jammertal“, die schon bald nach ihrer Erbauung „Jammertalsmühle“ hieß. Der bedeutungsschwere Name des Tales prägte das Schicksal dieser Mühle. Sie fiel nicht nur 1854 einem Feuer, sondern nach ihrem Wiederaufbau auch dem Verfall etwa 30 Jahre später zum Opfer. 1732 von Johannes Caron erbaut, liegt sie seit 120 Jahren wüst und menschenleer, sich selbst und der Natur überlassen, da.
Ihr Name aktivierte 2002 eine Rentnergruppe aus Kördorf, der Eroberung der Ruine durch Ranken, Sträucher, Bäume, Schutt und Geröll Einhalt zu gebieten. Ihrer Initiative ist es zu verdanken, dass der Mühlenplatz zum Verweilen einlädt, wo sich jeder anhand einer Erläuterungstafel über die Geschichte und das Schicksal der Mühle informieren kann. Die Grundstücke zu beiden Seiten des Dörsbachs und somit auch die baulichen Überreste der Jammertalsmühle gehören dem Besitzer der Reifenmühle. Von ihm hat die Gemeinde Kördorf das Gelände gepachtet, Nutzungsrechte und Unterhaltungspflichten übernommen und somit die Voraussetzungen für eine erfolgreiche Freilegung und Restaurierung der Überreste durch die Kördorfer Rentnergruppe geschaffen.
Ganz anders als bei vielen Mühlen wurde der Name dieser Mahlstätte nie im Zuammenhang mit der Gemeinde Niedertiefenbach, in deren Gemarkung sie lag, genannt, sondern immer nur, und zwar als Einzige, nach dem Tal, dem geheimnis- und sagenumwitterten Jammertal. Im Laufe ihrer 150-jährigen Bestandszeit wechselten häufig die Besitzer, kein Beweis für einen profitablen Handwerksbetrieb. Das lag zum Teil an den Wegeverhältnissen und an der Konkurrenz durch die schon länger bestehenden Mühlen in oder bei Kördorf (3) und Niedertiefenbach (2) von wo die potentiellen Kunden stammten. Schließlich wird wohl auch die „späte Geburt“ der Jammertalsmühle, die als eine der Letzten ihrer Art am Dörsbach errichtet wurde, dazu beigetragen haben, weil sich die älteren Mühlen längst einen festen Kundenstamm gesichert hatten.
Einmal noch sah es 1876 nach einem Aufschwung aus, als nach dem Neubau des Backhauses (1870) das Wohnhaus mit der Mühle niedergelegt und 1876 neu aufgebaut wurde. Doch die Zeit des ersten Mühlensterbens hatte bereits begonnen, je ertragsschwächer die kleinen Bachmühlen waren, desto eher gingen sie „den Bach hinunter“, wurden stillgelegt und verlassen. So geschah es auch um 1885 mit der Jammertalsmühle. Der Platz blieb bis heute unbesiedelt und das zur Ruine herabgesunkene Gebäude unbeachtet, bis sich die erwähnte Rentnergruppe aus Kördorf des öden Geländes und des kaum noch sichtbaren Gemäuers annahm.
Zur Jammertalsmühle führt von Kördorf aus vom Gemarkungsdistrikt „Am Esch“ (über die Lindenstraße am Fichtenhof vorbei bis zum Waldrand) ein steiler Fahrweg durch den Wald zum Dörsbach. Wanderer können die Überreste der Mühle auch über den Lahnhöhenweg (Wanderstrecke entlang des Dörsbachs von Ergeshausen bis Obernhof) erreichen. Von Kördorf aus ist dieser Wanderweg über die Dörsbachstraße, über Neuwagenmühle oder ab Wanderparkplatz am Waldrand (Nähe Blockhaus) zu erreichen. Ein weiterer Zugang besteht für Wanderer über den „Huser Weg“ , der hinter dem Fichtenhof rechts abbiegt. An der Jammertalsmühle erwartet den Besucher auf der Kördorfer Seite eine Schutzhütte sowie eine Sitzgruppe zum Verweilen, die Überreste der Mühle mit Informationstafel sind über eine von der Rentnergruppe mit weiteren Helfern erbaute Brücke zugänglich.